Neue Studie – Kerstin Geis (SPD) verweist auf Situation auch im Kreis Groß-Gerau
Dass Frauen weniger verdienen als Männer („Gender Pay Gap“), ist nicht neu. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung aber schaut genauer hin – mit erschreckenden Ergebnissen. Entscheiden sich Frauen in Deutschland für Kinder, kostet sie das über die Dauer ihres Berufslebens ein Vermögen. „Auch im Kreis Groß-Gerau haben wir die Benachteiligung berufstätiger Frauen lange noch nicht überwunden“, stellt Kerstin Geis fest, Landtagsabgeordnete und SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreis Groß-Gerau.
Sie findet das Ergebnis der Studie erschreckend: Mütter verdienen im Laufe ihres Lebens rund die Hälfe weniger als kinderlose Frauen. Der Effekt steigt mit der Größe der Familie, Frauen mit drei oder mehr Kindern verlieren fast 70 Prozent. „Und das ist kein Naturgesetz“, sagt Geis, „denn bei den Männern sieht es ganz anders aus.“ Tatsächlich haben Väter rund 20 Prozent mehr auf ihrem Lebenserwerbskonto als Männer ohne Kinder.
Woran liegt das? Anscheinend findet sich in vielen Familien das Modell des männlichen Ernährers, dessen Frau sich um Haushalt und Kinder kümmert, vielleicht noch etwas dazuverdient. „Diese Frauen müssen häufig auf eine Karriere verzichten, die sie eigentlich gerne machen würden und auch könnten“, kritisiert Geis. „Sie arbeiten in Teilzeit oder haben Minijobs. Dadurch haben sie nicht nur weniger Geld in der Tasche, sondern auch ihre Rentenansprüche sind später weit niedriger als die von Vätern oder Kinderlosen.“
Kreis: Lücke größer als im Landesschnitt
Hessenweit liegt die Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen nach den letzten Zahlen bei 14,1 Prozent, wobei der Abstand in Städten geringer ist als auf dem Land. Im Kreis Groß-Gerau verdienen Frauen im Schnitt 16,8 Prozent weniger als Männer. Betrachtet man speziell den Bereich der Hochqualifizierten mit akademischem Abschluss, so fällt die Lücke sogar mit 31,3 Prozent fast doppelt so hoch aus. „Und das sind nur die sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten“, bemerkt Geis. „Mehr als die Hälfte der berufstätigen Frauen im Kreis arbeitet nur Teilzeit oder in Minijobs, wodurch sie auf noch mehr Verdienstmöglichkeiten verzichten.“
Bestärkt wird sie durch Lisa Gnadl, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag: „In der Krise sind es Frauen, die die Hauptlast der Schul- und Kitaschließungen tragen, für die Betreuung zu Hause ihre Arbeitszeit verkürzen oder in Kurzarbeit gehen“, kommentierte die Politikerin die Studie. „Überdies erleben sie durch die Krise deutlich häufiger Karriereknick und Arbeitsplatzverlust. Später droht diesen Frauen Altersarmut.“
Kerstin Geis fordert darum wie Gnadl die Landesregierung zum Handeln auf: „Kurzfristig müssen wir die Auswirkungen der Pandemie auf Frauen abmildern, langfristig aber die finanzielle Ungerechtigkeit ausräumen.“ Während der Krise sollen zunächst Frauen gleichberechtigt in Entscheidungen eingebunden werden: „Wir fordern umgehend eine paritätische Besetzung des hessischen Corona-Kabinetts und die Einbindung der Frauen- und Gleichstellungsbüros.“ Grundsätzlich gehe es darum, die Gleichberechtigung der Geschlechter, vom Grundgesetz längst garantiert, endlich auch praktisch umzusetzen.
„Viele Handlungsfelder sind bekannt“, so Geis, „wie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwa durch Ganztagsschulen, eine Reform des Ehegattensplittings.“ Die Corona-Situation habe aber eine weitere Schwäche in den Blickpunkt gerückt: „Jeder weiß jetzt, dass wir gerade die systemrelevanten Berufe in unserem Land viel zu schlecht bezahlen. Und auf diesen Gebieten arbeiten vor allem Frauen.“