Nach Aussage von Kultusminister Lorz kommt es in Hessen in der Regel nicht zum Ausfall von Unterrichtsstunden, da in jeder Schule ein Vertretungskonzept existiere. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage betreffend Unterrichtsausfall im Bereich des Staatlichen Schulamts für den Landkreis Groß-Gerau und den Main-Taunus-Kreis der SPD-Landtagsabgeordneten Kerstin Geis, Nancy Faeser und Gerald Kummer hervor (vgl. Drucksache 19/6011).
„Wer es sich so einfach macht und nicht einmal wissen will, wie viel Unterricht gar nicht oder irregulär stattfindet, leidet unter Realitätsverlust. Es kann nicht sein, dass der zuständige Minister den Unterrichtsausfall herunterspielt und damit die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen verschlechtert“, kommentiert Kerstin Geis. „Eltern, Lehrkräfte und Schüler im Kreis Groß-Gerau wissen, dass die Aussage des Kultusministers nicht der Realität entspricht. Tatsächlich fällt an so gut wie jeder Schule kurz und oft auch langfristig Unterricht in nahezu jedem Fach aus. Nach einer Stichprobe der Landesschülervertretung, bei der die Vertretungspläne von 97 weiterführenden Schulen ausgewertet wurden, fielen am 11. April 2018 an diesen Schulen 1.605 Stunden aus. Hochgerechnet auf alle weiterführenden Schulen in Hessen entspricht dies einem Ausfall von 16.500 Stunden. Zudem findet in nur einem Bruchteil der Vertretungsstunden regulärer Unterricht statt. Am eigentlichen Unterrichtsgegenstand wird nur selten weitergearbeitet. Aber die Landesregierung hält dies für völlig in Ordnung.“ Die SPD-Abgeordnete zeigte sich schwer enttäuscht, dass die Landesregierung und die beiden Regierungsfraktionen die Unzufriedenheit an den Schulen herunterspielen und diejenigen, die sich informieren, diskreditieren. Unterrichtsausfall, Überlastung von Lehrkräften und Lehrermangel sind keine Lappalien. Schwarzgrün ignoriert die Probleme und lässt Eltern lieber im Unklaren anstatt regelmäßig und umfassend zu informieren.
Nach einer bundesweiten Erhebung der Wochenzeitung DIE ZEIT aus dem Oktober letzten Jahres fallen bundesweit mehr als fünf Prozent der monatlichen Gesamtunterrichtsstunden aus, weitere fünf Prozent der Stunden werden vertreten. Für Hessen wurde ein Wert von 4,1 Prozent ermittelt. Die Nicht-Erhebung von Zahlen und Verharmlosung der Situation, grenzt an unterlassene Hilfeleistung für Schüler und Eltern, so die Zeit-Autoren. „Diese Ansicht teile ich“, so Geis. Findet Vertretungsunterricht statt, wird dieser vielfach von Lehrkräften gegeben, die nicht in dem Fach ausgebildet sind, das sie unterrichten. Im betreffenden Schulamtsbezirk sind beispielsweise in den Fächern Informatik und Ethik mehr als zwei Drittel fachfremde Lehrkräfte eingesetzt, in Erdkunde und Geschichte sind es je nach Schulform im Schuljahr 2017/18 zwischen 27 und mehr als 50 Prozent.