„Verstehen – Vertreten – Verbinden“ Ausländerbeiräte als Zukunftsmodell? – Zur Ausländerbeiratswahl im Kreis Groß-Gerau

Am kommenden Sonntag finden in Hessens Kommunen die Wahlen zu den Ausländerbeiräten statt. Am Montag diskutierte man in Kelsterbach die kommenden Aufgaben dieser kommunalen Vertretungen von Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Migrationshintergrund. Eingeladen hatten die SPD Kelsterbach und die Landtagsabgeordnete Kerstin Geis. Als Gäste gewann man neben Evangelia Ntasiopoulou, der Spitzenkandidatin der K.I.L. (Kelsterbacher Internationale Liste), Enis Gülegen. Gülegen ist Vorsitzender des Frankfurter Ausländerbeirates (KAV) und Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft hessischer Ausländerbeiräte (agah). Vor welchen Herausforderungen stehen die neuen Gremien unter dem Vorzeichen aktueller Flüchtlings- und Integrationspolitik? Welche Wahlbeteiligung ist zu erwarten und sind Ausländerbeiräte noch zeitgemäß? Dies waren Fragen auf die man in angeregter Diskussion, auch mit einem großen und interessierten Publikum im Haus Weingarten, Antworten fand.

Manfred Ockel und Evangelia Ntasiopoulou stellten die Situation vor Ort dar. Den Veranstaltungsort Kelsterbach zu wählen, geschah sehr bewusst, sagte Ockel, ist hier doch der höchste Ausländeranteil aller Städte im Kreis Groß-Gerau zu verzeichnen. Ein sehr breites Spektrum von Herkunftsstaaten finde man in der Bevölkerung. Zugleich bescheinigte der Bürgermeister und SPD-Vorsitzende von Kelsterbach in seiner Stadt ein sehr gutes Miteinander. Und dennoch bliebe viel zu tun. Die konkrete Gestaltung einer Willkommenskultur und eine gelingende Integration seien besondere Aufgaben, die sich auch weiterhin für alle gesellschaftlichen Gruppen in Kelsterbach stellen.

Kerstin Geis beleuchtete das Thema der Integration vor allem aus aktueller landespolitischer Sicht. Integration finde in den Kommunen statt, betonte auch sie. Für eine gelingende Integration der Menschen mit Migrationshintergrund benötigten die Städte und Gemeinden aber vor allem die dafür notwendigen Haushaltsmittel. Flüchtlingspolitik und Integrationspolitik sei deshalb nicht zuletzt ein Thema der Haushaltspolitiker. Wenn die schwarz-grüne Landesregierung angesichts der Flüchtlingszahlen 80 zusätzliche Stellen für Intensivklassen oder Mittel für neue Wohnungen bereit stelle, sei dies ein wichtiger und guter Ansatz. Man dürfe aber nicht verhehlen, dass der Bedarf sehr viel höher liege. Bekräftigt wurde dies auch von Enis Gülegen. So nannte er die Schaffung von weiteren Lehrerstellen eine „Milchmädchenrechnung“, denn gewonnen werden diese Stellen durch Streichungen von Stellen in den Grundschulen und den Oberstufen. Der von der Landesregierung in der vergangenen Woche vorgestellte Aktionsplan („Hessischer Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“) sei nur ein halbherziger Wurf. Enis Gülegen kritisierte in der aktuellen politischen Diskussion, dass es um den Begriff „Flüchtlinge“ ginge. Vielmehr müsse man die nach Deutschland kommenden Menschen vor allem als „Einwanderer“ ansehen, „denn die allermeisten von ihnen werden bleiben“. Damit betonte Gülegen die unserer Gesellschaft zuwachsenden Chancen für die Zukunft, die mit diesen Menschen einher gehen. „Wenn es mit guten und langfristig angelegten Konzepten gelingt diese Männer und Frauen in unsere Gesellschaft zu integrieren, werden wir stärker“ war er überzeugt.

Aber auch in Zukunft werden die verschiedenen Communitys, so Gülegen weiter, eine besondere Plattform benötigen, um spezifische Anliegen gemeinsam zu formulieren. Dafür stehen die Ausländerbeiräte. Diese Gremien seien in aller Regel sehr kompetent besetzte kommunale Fachgremien für die Themen Integration und Antidiskriminierung. Aber auch bei der Besetzung dieser Gremien gebe es Entwicklungsmöglichkeiten, musste er zugeben. Erfreut konnten Enis Gülegen und Evangelia Ntasiopoulou aber berichten, dass bei der diesjährigen Wahl ein deutlicher Anstieg bei jungen und bei weiblichen Kandidaturen zu verzeichnen sei.

Zum Abschluss einer gelungenen Veranstaltung rief Kerstin Geis dazu auf, unermüdlich bis zum Sonntag für die Wahlen zu werben und dankte zusammen mit Manfred Ockel für die interessante Diskussion.